Zum Inhalt springen

Allgemeines salbadern über meine neue T300B


tgessner

Empfohlene Beiträge

Dirk sei Dank steht also seit Ostern eine 1996er Speed Triple in gutem Pflegezustand in meiner Garage. Abgesehen von den üblichen Veränderungen - Lenker, Blinker, Schalldämpfer - herrlich unverbastelt. Das kommt meinem Ziel einer originalen Speed Triple schon recht nahe.
Aus dem fahrbereiten Motorrad habe ich nun flugs einen großen Teilehaufen gemacht, denn ich möchte sie von Grund auf und bis auf die letzte Schraube genau so haben, wie ich das möchte.
Bei diesem Striptease sind mir einige Dinge aufgefallen, weil ich noch die Perspektive der Schrauberei an neuen Maschinen (bei mir Husqvarna Nuda und XTZ1200ZE) einnehme. Diese Eindrücke - sozusagen von einem noch Außenstehenden - möchte ich natürlich mitteilen.
Als erstes: Die Verarbeitungsqualität des Motorrads ist hervorragend und kann sich heute noch sehen lassen. Selbst nach fast 20 Jahren sind die meisten Schrauben noch in einem guten Zustand, Rost oder Gammel sind kaum zu finden.
Zweitens: Die Speed Triple ist nicht nur ein großes Motorrad, sondern ein über-dimensioniertes: Wo man heute mit einem windigen M6 Schräubchen oder noch schlimmer mit einem Plastikniet die Teile zusammentackert, verwendete man seiner Zeit bei Triumph selbst für die Halterung eines Plastikteils eine M8. Kein Wunder, dass dabei schnell 250 Kilo zusammenkommen. Aber: Alles Muskeln und Knochen, kein Fett.
Und dann, mein Quell steter Freude: Das Ding ist nicht verbaut (na gut, der Zugang zum Luftfilter ist die Ausnahme, die die Regel bestätigt). Jeder, der einmal an einer Maschine vom Kaliber einer MT-01 geschraubt hat, weiss, was ich meine. Alles scheint logisch aufgebaut, man kommt an die Teile 'ran, auch ohne sich die Finger zu brechen. Ich habe bisher noch an keiner Maschine mit größerer Freude geschraubt. Mein aktuelles erkenntnis-Spektrum langt hierbei von einer Royal Enfield (von einem indischen Elektrik-Dämon besessen) bis zu einer hoch-technischen Super Tenere.
Vielleicht verliert sich mein verklärter Blick auf die T300 irgendwann und dann wird es mir normal vorkommen, dass man ohne viel Aufhebens alles an seinem Motorrad selber machen kann, dass die Bauteile so dimensioniert sind, dass sie lange halten und dass die Maschine auch noch dort gut verarbeitet ist, wo der oberflächliche Blick des Besitzers nicht sofort hinfällt. Bis dahin schraube ich mir mit wachsender Verzückung meinen großen, schwarzen Jungendtraum zusammen.
Gruß
Thomas

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo Thomas,

 

die T300 Speedies haben einfach eine tolle Präsenz - für ein so schweres Motorrad ist das optisch sehr reduziert und zurückhaltend gestaltet, was den Fahrmaschinen-Charakter nochmal besonders hervorhebt.

Ich war gestern Abend nochmal im Bergischen unterwegs und die Kombination aus der grollenden Akustik des Dreizylinders (auch mit der Serienanlage), dem sanft-nachdrücklich gleichmäßigen Schub und der unerschütterlichen Stabilität auf den langen schnellen Kurven der B506 sind schon Großes Kino.

 

Bei Deinen Umbauplänen bin ich nur zu einem Drittel bei Dir:

Die Ergonomie muss Dir passen und andere Stummel tun deswegen für jeden, der nicht gerade Armlängen wie ein Orang Utan hat, unbedingt Not. Was haben sich die Tommies bei den Originalstummeln vor zwanzig Jahren wohl gedacht?

Ein Umbau auf einen Superbikelenker würde ich der geduckten Originallinie zuliebe nicht unbedingt empfehlen - es passten bei mir selbst der enge Kniewinkel und aufrechte Oberkörperhaltung nicht so richtig zusammen. Optisch fand ich es auch sehr gewöhnungsbedürftig, weil doch zu weit weg von der geduckten Schulterlinie.

Wenn es partout einer sein muss, würde ich empfehlen bei K-MaxX nachzufragen: Dessen konifizierte 32mm dicke "Fatty" Superbike-Stangen sind qualitativ top und passen optisch m.E. viel besser auf die dicke Speedy als die spirrelig dünnen 22mm ABM- oder LSL-Superbikestangen. Wenn es denn sein muss.

 

Bei den Blinkern würde ich empfehlen die (inzwischen seltenen) Originalteile dran zu lassen - die passen besser an die Linie als die Alternative. Immer dran denken - das gute Stück ist ein dicker Brummer, da passen solche filigranen Neuzeitlösungen vom Design her erst einmal nicht so richtig.

 

Und - das ist natürlich persönliche Geschmacksache (oder ein Zeichen an Mangel desselben): Um Himmels Willen keine eloxierten Schrauben (oder sonstige bunt eloxierten Aluteile) an die Maschine! Das passt nicht zu dem optischen Eindruck von solidem Schwermaschinenbau (-> Die Triumph-Techniker haben sich vorweg immerhin ihre Inspirationen bei "Kawasaki Heavy Industries" (sic!) geholt!) Außerdem wird so schnell aus einem Out-of-the-Box-Edelbike eine optisch verschandelte Kirmesbude...

(Auf Mobile.de steht gerade eine "gepimpte" gelb-blaue T300 Speed, die dafür exemplarisch stehen könnte. Ich schaue ja nach so einer gelben in gut erhalten, aber da würde man ja arm werden beim Zurückrüsten-und-wieder-schön-schlicht-bzw-schlicht-schön-machen...)

 

Aus den Gründen bin ich auch noch nicht 100% überzeugt von den BOS-ESD-Umrüstungen - mag das aus der Perspektive "Gewichtseinsparung, Klang, Mehrleistung" teilweise sogar technisch Sinn machen, warte ich noch auf ein Bild, bei dem jemand die Anlage passend zum Motorblock und Krümmer komplett geschwärzt hat. In Edelstahlausführung passt das - wieder meine persönliche Meinung - optisch nicht zum Rest der Maschine.

 

Was ich aus eigener Erfahrung empfehlen könnte, sind (über eine Lenkeranpassung hinaus) überwiegend Dinge, die man nicht offensichtlich sieht:

- Spendiere Dir hochwertige Tourensportreifen, jeweils neueste Generation: Ich habe die Conti Road Attack 2 Evo drauf und bin begeistert, wie gut die dem Handling und der Zielgenauigkeit der dicken Maschinen bekommen. Die Haftung ist eh kein Thema.

- Alle Lager gesäubert und sorgfältig geschmiert halten - insbesonders ein sensibel eingestelltes Lenkkopflager macht viel Freude, was die Rückmeldung und die Fahrbarkeit angeht.

- Mit der Kombination Iridium-Zündkerzen und Wieres-LiFePo-Batterie habe ich gute Erfahrungen gemacht - keine Startprobleme soweit.

- Moderne Leuchtmittel wie die Osram Night Racer 110 statt der originalen Finsterleuchten.

- Ich spendiere beim Ventileinstellen gerne etwas mehr Zeit (bzw. Geld, wenn ich es machen lasse) wenn dafür die Ventiltoleranzen nicht nur innerhalb des Toleranzintervals, sondern möglichst auf allen drei Zylinder soweit gleich wie technisch möglich eingestellt sind: Plötzlich läuft so ein Motor fühlbar geschmeidiger - ich war bei erstenmal erstaunt, wieviel das ausmacht.

- Wenn ein paar Euro herumliegen, sind die gut in einem Wilbers-Fahrwerk investiert: Die alten Kayaba-Federbeine sind zwar erstaunlich hochwertig gemacht, aber jetzt auch halt im Schnitt ca. 20 Jahre alt. Das Wilbers-Fahrwerk war ein großer Fortschritt in Sachen Komfort wie auch besserer Rückmeldung.

 

- Last, but not least: Keep it simple. Mit den T300 Speedies ist es wie mit Monica Bellucci: Trotz ihres nicht mehr ganz jungen Alters von Natur aus schön, obwohl (oder vielleicht wegen?) nicht "Größe 36" schlank.

An beiden bringt es nichts, die natürlich vorhandene Ästhetik durch zusätzliche angebrachten billigen Bling-Kram oder künstlich aufgesetzte Diätrezepte erhöhen zu wollen.

 

 

Einfach so (naturbe-)lassen und gut pflegen - manche Sachen kann man nicht verändern, ohne sie womöglich zu verschlechtern.

 

(Z.B. in etwa so oder auch so ).

 

Ich wünsche Dir noch viel Spaß mit Deiner Speedy!

 

Grüße

Krylov

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hi Krylov,

 

Danke für Deine Anmerkungen. Ich habe mich da vermutlich falsch ausgedrückt - mein Ziel ist der Originalzustand, deshalb kommt das ganze Gedöns 'runter und die Originalteile wieder 'drauf. Also auch Stummel und Originalauspuff.

 

Wilbers steht bereits auf der Liste, aber momentan etwas weiter unten .. nach diversen Teiletauschen und Bremsenrevision.

 

Noch nicht ganz entschieden habe ich mich, ob das Ziel eine möglichst ladenneue Erscheinung sein soll oder eine Lady mit gepflegter Patina, der man die ein oder andere Lachfalte durchaus ansehen darf. Wohl eher Letzteres.

 

Dein Restomod-Blog hat mich übrigens ganz stark zu diesem Projekt inspiriert. Wo hast Du die schönen Faltenbälge für die Gabel her?

 

Als nächstes stehen erst einmal die üblichen Wartungsarbeiten an. Teile und Material sind bestellt und dann hoffe ich auf ein paar verregnete Wochenenden...

 

LG,

 

Thomas

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo Thomas,

 

die Faltenbälge sind von einer BMW R75/5 - Kosten so um die 30 Euro. Die sind qualitativ etwas besser als die schwabbeligen Plastikdinger, die man sonst so kriegt. Mit viel Silikonöl, etwas vorsichtigem einfädel und einigen Anstrengungen (Kraftausdrücke sind optional) kriegt man die auf die Tauchrohre gezogen.

 

Der "möglichst Originaloptik"-Ansatz finde ich, wie geschrieben, gut und angemessen - das kam zunächst wohl falsch bei mir an, vielleicht weil ich auch schon einige T300-Umbauten gesehen habe, wo ich persönlich eher in eine andere Richtung gegangen wäre...

 

Wenn Du mit den Originalstummeln leben kannst, dann gut für Dich (Ich habe damals nicht probiert, die noch etwas weiter nach Innen, also bis knapp vor Anschlag an den Tank zu drehen; das hätte vielleicht auch noch funktionieren können...) An der Schwarzen fahre ich jetzt TRW "erhöhter Racing Stummel", an der orangen die LSL Sport Match, unter der Gabelbrücke (aus optischen Gründen). Das ist schon dezeit noch ok, aber unter Vorbehalt - wenn es irgendwann mit dem Kreuz Probleme gibt, kommen stattdessen die etwas höheren LSL-Tourmatch-Schellen dran. (Die Montage der Stummel auf der Gabelbrücke ginge auch noch, sieht aber m.E. nicht aus....)

Alle Lösungen sind noch nahe genug an der Originaloptik dran, aber passen mir einfach besser. (Mit den Originalstummeln hatte ich dann häufiger Kreuzschmerzen und dann die T300 zugunsten anderer Maschinen stehengelassen. das fand ich dann aber auch wieder schade. Daher kam dann auch die Restomod-Idee - man würde sich heute ja auch nicht mehr die für 1994 zeitgenössischen Michelin Macadam MX59 Holzreifen dranmontieren wollen, also warum dann nicht unauffällige Verbesserungen mit modernstem Material zulassen?

 

Was deine Wetter-Wünsche für die Schrauberaktionen angeht:

Nun ist ja München weit genug weg vom Bergischen, so dass es mich eher nicht stört, wenn es dort an den Wochenenden regnen sollte... ;-)

Dummerweise haben wir hier im Bergischen aber auch genug Niederschläge...

 

Viele Erfolg und Spaß beim Restaurieren! Mach doch mal ein paar Bilder (oder einen eigenen Tumblr-Blog? (Ist super einfach...) )

 

Grüße

Krylov

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Großartiger Blog!

Bitte so weiter machen...!

 

Kann mich noch lebhaft an meinen Neuaufbau erinnern.

Leider war "damals" ein Blog für sowas noch kein Thema..

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo Thomas,

 

T300-Teile in der Spülmaschine reinigen? Was für eine Idee!

Meine Frau, die ja sonst erstaunlich tolerant meinem Motorradhobby gegenübersteht, würde mich rundmachen, wenn ich ihr damit käme...

 

Überhaupt kommen die alten T300-Modelle nicht gut bei ihr weg, wohl wegen der Ausdünstungen nach der Fahrt in der Garage.

"Wieso? Das riecht doch toll nach Metall, Öl, Gummi und Benzin? So wie ein Motorrad riechen muss?"

Das hat sie aber nicht überzeugt: Von Ihr stammt die Begriffsbildung "Stinkeeimer"...

Was soll man dazu sagen?

 

Toller Blog - ich bin mal auf die nächsten Bilder gespannt!

 

Viele Grüße

Krylov

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo,

 

eigentlich ist da alles gut - mein Beste hat ein empfindliches Näschen... :rolleyes:

 

(Aber zugegeben: Beide Vergasermodell-Speedies - trotz penibler Einstellung - riechen schon etwas mehr als die Einspritzer (1050+675) in der Garage: Die riechen nochmal anders.)

 

Grüße

Krylov

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

  • 1 Monat später...

Hallo Thomas,

 

habe gerade mal wieder in deinen Blog geschaut und war begeistert mit wie viel Engagement du die Sache angehst. Weiter so !!!

 

Da bin schon fast stolz das ich die Speedy dem Richtigen verkauft habe.

 

 

Schöne Grüße nach München

 

Dirk

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Moinsen,

 

was für ein schöner Thread und welch' toller Blog! Womit mal wieder bewiesen wäre (zumindest für mich), dass der Spaß am Motorradfahren nicht allein durch das Fahren selbst entsteht, sondern auch am lustvollen Schrauben am Maschinchen selbst! Und dafür sollte die Qualität des Maschinenbaus eben stimmen, was bei unseren Alteisen wohl der Fall ist. Mit ähnlichem Schrauberspaß gehe ich sonst nur noch an das Instandhalten meiner 35-jährigen XS850...

 

Gruß aus dem Norden

Nick

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Danke, Jungs!

 

Jetzt ist aber für ein paar Wochen erstmal Schluss mit Schrauben und Bloggen: Die Speedy läuft sauber und mußte den Platz auf der Bühne für meine Husky freimachen, die nun Toskana-bereit gemacht wird.

 

Vielleicht geht es dann nach Pfingsten bereits in kleinen Schritten weiter - dann aber hoffentlich in einer neuen und schöneren Schraubergarage (in München nicht einfach zu finden).

 

Gruß

 

Thomas

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Erstelle ein Benutzerkonto oder melde Dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Benutzerkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Benutzerkonto erstellen

Neues Benutzerkonto für unsere Community erstellen. Es ist einfach!

Neues Benutzerkonto erstellen

Anmelden

Du hast bereits ein Benutzerkonto? Melde Dich hier an.

Jetzt anmelden
×
×
  • Neu erstellen...